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Was steckt hinter der City-Outlet-Idee von Feuchtwangen (11.05.2015)

Rettung oder Ausverkauf einer Innenstadt?

Was tun gegen aussterbende Innenstädte, wo Geschäfte mit dem Internet oder mit Standorten auf der grünen Wiese konkurrieren müssen? Diese Frage stellen sich auch mehrere mittelfränkische Städte und schielen dabei auf ein Projekt in Nordrhein-Westfalen. Dort ist das erste Outlet-Center in einer Innenstadt entstanden. Ist dies die erlösende Rettung für leerstehende Innenstädte oder eine Bankrotterklärung der Politik für die Ansiedlungspolitik der letzten Jahre?

Bad Münstereifel ist ein ehemaliges Kurstädtchen südlich von Köln, dem in den 1980er Jahren langsam die Puste ausging. Drei Investoren hatten deshalb nach und nach alle Leerstände aufgekauft und ein Outletcenter aus der Altstadt gemacht. Rund 35 Modeläden gibt es dort, meist in historischen Häusern, dazwischen alteingesessene Friseure, Buchhändler und Haushaltswarenhändler. Für Menschen, die den Einkauf in einem Outletcenter als Event sehen, ist Bad Münstereifel nicht gerade ein Tagesprogramm, deshalb wirbt die Stadt mit touristischen Attraktionen drum herum. Die „Generation Silver“ scheint hier eh im Fokus zu stehen. Doch trotz eines guten Starts verstummen die Gegner nicht, sie sprechen davon, dass der Stadt die Seele genommen wurde. Es gebe hier nichts, was es nicht auch in jeder anderen beliebigen Einkaufsstraße gebe.

Trotzdem ist der Ort inzwischen auch Pilgerstätte für Politiker aus ganz Deutschland geworden. Die meisten kommen aus Städten mit zehn bis fünfzehntausend Einwohnern, die eine schöne Kulisse haben und wo die Altstadt langsam stirbt. Ein Bürgermeister unter ihnen war Patrick Ruh zusammen mit Mitgliedern aus seinem Stadtrat in Feuchtwangen. Für ihn ist das City Outlet in Bad Münstereifel eine Idee, die er selbst schon mal hatte. Er findet es besser eine bestehende, schöne Innenstadt zu nutzen, als eine Kulisse auf der grünen Wiese aufzubauen. „Ich habe die Idee in den Ring geworfen, um eine Debatte in Gang zu setzen“, so Ruh. Völlig überrascht sei er von Feuchtwangern, die bisher über die tote Innenstadt gejammert hätten. Nun aber, bei der City-Outlet-Diskussion, fänden sie die Altstadt von Feuchtwangen gar nicht mehr so schlecht. Der Bürgermeister freue sich aber trotzdem, dass die Innenstadt wieder Thema sei. Wenige Kilometer weiter nordöstlich kann sich Alfons Brandl ein Grinsen nicht verkneifen. Der Bürgermeister von Herrieden hatte vor Jahren für ein Outlet-Center an der Autobahn 6 gekämpft. Damals waren alle Nachbarkommunen dagegen. „Ich bin verblüfft über diesen neuen Hype zum City-Outlet“, so Brandl. Zwar seien seine Outlet-Center-Pläne nicht mit denen eines City-Outlets vergleichbar, Kaufkraft schöpft es aber trotzdem ab. „Ich bezweifele hier eine Nachhaltigkeit“. Interessant findet Brandl auch die Entwicklung im benachbarten Ansbach, zugegebener Weise ein Oberzentrum. Hier ist in einem ehemaligen Baumarkt ein Textilgeschäft mitten in der Innenstadt entstanden – mit großen Flächen. „Ansbach war voll gegen das Outlet und hat jetzt eine große Verkaufsfläche geschaffen“, stellt Brandl fest. Das will Dr. Kerstin Schulte-Eckel, Geschäftsführerin von Citymarketing Ansbach, so nicht stehen lassen. Schließlich handelt es sich in Ansbach um bestehende Flächen und seien überhaupt nicht mit irgendeinem Outlet-Center zu vergleichen. Das Konzept des City-Outlets ist ihr nicht neu, in Ansbach habe man es auch diskutiert und als ungeeignet verworfen. „Ein Investor hat keine Identität zur Stadt“, so Schulte-Eckel. „Wir können dagegen mehr, hier gibt es eine Vielzahl an Dingen, die eine Innenstadt attraktiv macht.“ Hinzu kommt die Abhängigkeit, wenn zum Beispiel ein Investor finanziell ins Trudeln geriete – dann würde die Innenstadt gleich mit pleitegehen. Das Engagement in Feuchtwangen werde man aber kritisch beobachten.

Für Heiner Sindel vom Bundesverband der Regionalbewegung aus Feuchtwangen sind die Probleme in der Kreuzgangstadt hausgemacht. Lange Zeit habe man dem Willen großer Ketten entsprochen und Ansiedlungen an der Bundesstraße 25 ermöglicht. So ist in Feuchtwangen eine Einkaufsmeile außerhalb der Altstadt entstanden. Parallel sei die Innenstadt langsam ausgestorben. Doch den Vorwurf will Ruh nicht gelten lassen. „Der Markt ist den Kunden gefolgt. Wir konnten dies nicht bestimmen“, so der Bürgermeister. „Jetzt kommt noch das Internet hinzu.“ Sindel setzt hingegen nicht auf „Magnet-Geschäfte“, sondern auf Lebensqualität insgesamt. Die Mischung aus Geschäften und weiteren Angeboten wie Kultur, Schulen oder Behörden macht für ihn eine lebendige Innenstadt aus. So einen Innenstadt bietet auch für Menschen mit geringem Einkommen, die kein Auto haben um auf die grüne Wiese zu fahren, eine attraktive Nahversorgung. So werden sich jetzt die Altstadtfreunde in Feuchtwangen einbringen, um alternative Ideen für die Innenstadt zu entwickeln. Zumindest hier ist nun eine aktive Diskussion um die Altstadt in Gang gekommen.