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Alles was Recht ist… (20.05.2016)

Freiwillige Leistungen können für einen Arbeitgeber schnell zur Pflicht werden

Meist aus Fürsorge haben Arbeitgeber in der Vergangenheit freiwillige Leistungen an ihre Mitarbeiter gezahlt: die Klassiker sind Weihnachts- und Urlaubsgeld. Gingen die Umsätze des Unternehmens zurück, wurden solche Leistungen auch wieder gestrichen. Doch das ist nicht so einfach.

Wurden diese freiwilligen Leistungen bereits drei Mal gezahlt, hat der Mitarbeiter einen Anspruch auf diese Leistungen, die sogenannte betriebliche Übung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat schon zahlreiche Urteile dazu gefällt. „Die Urteile beruhen vor allem auf zwei Säulen“, erklärt Rechtsanwältin Anne-Marie Hermann. „Zum einen geht es um Transparenz, damit ein Mitarbeiter Vereinbarungen auch einfach verstehen kann. Zum zweiten geht es um den Vertrauensschutz, das heißt, ein Mitarbeiter vertraut nach mehrmaliger Zahlung darauf, dass er sie auch weiterhin bekommt.“ Gerade dieses Vertrauen und die Transparenz waren in der Vergangenheit immer sehr wichtige Grundsätze für das BAG bei seinen Entscheidungen.

In den letzten Jahren gab es einige Möglichkeiten, diese betriebliche Übung auszuhebeln. Wenn ein Unternehmen drei Jahre ein Urlaubsgeld gezahlt hat und dann drei Jahre keines zahlt, war es aus der betrieblichen Übung heraus. Doch seit 2009 geht dies nur noch, wenn die Mitarbeiter schriftlich einwilligen. „Welcher Arbeitnehmer macht das schon freiwillig“, so Hermann. Auch die Kombination aus einem Arbeitsvertrag mit der Klausel „Weihnachtsgeld ist eine freiwillige Leistung, die jederzeit widerrufen werden kann“, wurde 2010 vom BAG gekippt. Eine weitere Möglichkeit war bis ins letzte Jahr, dass das Weihnachtsgeld beispielsweise immer in einer unterschiedlichen Höhe ausgezahlt wurde, damit keine Regelmäßigkeit entsteht. Aber auch das hat das BAG 2015 unterbunden. Die Höhe der Auszahlung sei irrelevant urteilte das Gericht.

Die betriebliche Übung kommt zum Zuge, wenn kein schriftlicher Vertrag vorliegt oder wenn ein Vertrag unwirksam ist. Rund 15 Prozent der Arbeitnehmer, so Schätzungen für Deutschland, haben gar keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Besonders bei älteren Arbeitgebern ist vieles mündlich geregelt worden. In Deutschland gibt es keine Pflicht für einen schriftlichen Arbeitsvertrag, er ist im Zweifelsfall aber immer für den Arbeitgeber von Vorteil, denn in ihm lässt sich alles regeln. „Falls es keinen schriftlichen Vertrag gibt, sollte der Arbeitgeber wenigstens die wesentlichen Bedingungen in einem Brief bestätigen“, erklärt die Anwältin. Außerdem rät sie, freiwillige Leistungen, wie Weihnachts- und Urlaubsgeld mit der Formulierung „Freiwilligkeitsvorbehalt“ im Arbeitsvertrag zu regeln und zusätzlich eine Formulierung auf der Lohnabrechnung zu vermerken, etwa „wir können Ihnen dieses Jahr ein Weihnachtsgeld zahlen. Daraus entsteht aber kein Anspruch.“

Falls es aber doch mal zur betrieblichen Übung kommen sollte und das Unternehmen zuvor die freiwilligen Leistungen in der Summe variiert hat, gibt es zumindest einen kleinen Trost. „Die Höhe kann dann im Ermessen des Arbeitgebers liegen“, erklärt Anne-Marie Hermann.

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